Exkurs freihändiges Befiedern

Das freihändige Befiedern ist eine Option, wenn kein Befiederungsgerät zur Hand ist oder man, etwa im Hinblick darauf, dass der historische Pfeilbau auch ohne ein solches Hilfsmittel erfolgte, bewusst auf dieses verzichten möchte.
Ein weiterer Vorteil der freihändigen Vorgehensweise liegt darin, dass mit etwas Übung ein Pfeil zügiger denn mit Befiederungsgerät befiedert wird.

Schaftvorbereitung

Grundsätzlich ist sicherzustellen, dass der Schaft vor der Befiederung sauber, fettfrei und trocken ist.
Um dies sicherzustellen, sollten Holzschäfte vor dem Befiedern leicht mit feinem Schleifpapier oder Stahlwolle abgezogen werden.
Bei Aluminiumschäften reicht meist ein Abwischen mittels eines in Aceton getränkten Tuchs.

Federpositionierung festlegen und markieren

Grundsätzlich erfolgt die Positionierung der Federn auf dem Schaft nach Augenmaß.

Da dies anfangs jedoch noch Schwierigkeiten bereiten kann, sollten zur groben Orientierung dahingehende Markierungen auf dem Schaft angebracht werden.

Um diese und die folgenden Arbeiten zu erleichtern, empfiehlt es sich, den Schaft zu fixieren, um ein Wegrollen oder ähnliches zu verhindern.

Im ersten Schritt wird zunächst der Abstand des Beginns der Befiederung zur Nocke markiert - wenn sich dieser nicht schon aus der Art der Nocke oder etwaiger Cuvertierung des Schaftes mit Rinde bzw. Bemalung ergibt.
Der Abstand lässt sich entweder mittels Lineals abmessen und abtragen.

Abstand Befiederung zur Nocke durch Abmessen festlegen
Abstand Befiederung zur Nocke durch Abmessen festlegen

Zum Zweck zügigeren Vorgehens kann aber auch eine Schablone in Form eines schlichten Papierstreifens von der Breite des gewünschten Abstandes angefertigt werden, welche um den Schaft gelegt und um deren Kante die Abstandsmarkierung in einem Zug angebracht werden kann.

Abstand Befiederung zur Nocke mit Schablone festlegen

Darauf wird in Verlängerung des Nockschlitzes auf der zuvor bei der Schwerpunktermittlung des Schaftes als oben festgestellter Schaftseite ein in Schaftrichtung verlaufender Strich angebracht. Der Schnittpunkt dieses Striches mit der Markierung des Befiederungsbeginns stellt die Position des hinteren Endes der Leitfeder dar.

Position der Leitfeder festlegen

Die Positionen der hinteren Enden der weiteren Federn können nun in derselben Art und Weise nach Augenmaß um den Schaft herum markiert werden.
Gelingt es anfangs noch nicht, per Augenmaß den Abstand Federn zueinander zu bestimmen, sollte an der Stelle des markierten Beginns der Leitfeder der Umfang des Schaftes abgenommen und nach Drittelung dieses Wertes jener um den Schaft mit Strichen abgetragen werden. Dadurch wird sich eine gleichmäßige Anordnung der Federn ergeben. Hierzu läßt sich beispielsweise ein einfaches Maßband verwenden.

Abstandspunkte der Federn zueinander mittels Bandmaß auf Schaft abtragen

Die auf diese Weise auf dem Schaft aufgebrachten Markierungen der Positionen der hinteren Enden der Befiederungen sind nur per Augenmaß durch weitere, in einer geraden Linie auf den Oberseiten des Schaftes verlaufende Striche fortzuführen, sodass sich letztlich auf dem Schaft verlaufende, gestrichelte Linien als Orientierungshilfe für den Federverlauf ergeben.

Verlauf der Befiederung auf dem Schaft festlegen
Kleber auftragen

Zur Fixation der Federn kann derselbe Kontaktkleber - will heißen „Schuh- und Leder-Reparatur-Kontakt-Klebstoff“- benutzt werden, der schon zum Bekleben der Nocken mit Rochenleder bzw. des Schaftes mit Birkenrinde verwendet wurde. Dieser Klebstoff fixiert die Feder bei ordnungsgemäßer Verwendung schnell, dauerhaft fest und trotzdem elastisch genug.

Dabei sollte eher auf Markenprodukte zurückgegriffen werden; preiswerte Alternativen bringen oft nicht die gewünschten Ergebnisse.

Zum Kleben bestreicht man den beschliffenen Federkiel mit ausreichend Kleber.

Dabei ist die Menge des aufzutragenden Klebers von der Materialbeschaffenheit des Schaftes abhängig: Saugende Materialien wie Holz benötigen mehr Kleberauftrag als nicht durchlässige Stoffe, wie etwa Aluminium oder Carbon.

Weiterhin ist eine Balance zwischen zuviel und zuwenig aufgetragenem Klebstoff bei dieser Art von Klebstoff notwendig: Zuwenig aufgetragener Klebstoff trocknet oft zu schnell und klebt nicht mehr genügend; zuviel trocknet nur sehr langsam uns klebt deswegen zuweilen noch nicht genügend. Es ist dahingehend etwas Erfahrung notwendig, die sich im Zuge der Übung einstellen wird.

Grundsätzlich reicht es aus, nur den Kiel der Feder mit dem Kleber zu versehen; ein zusätzliches Bestreichen des Schaftes ist in der Regel nicht erforderlich.

Wenn jedoch anfangs noch Schwierigkeiten mit dem gesamten Befiederungsvorgang an sich bestehen, kann es sich als nützlich erweisen, wenn entlang der gestrichelten Linien zusätzlich Kelebstoff auf den Schaft aufgebracht wird. Dieses reduziert zum einen die zu verwendende Klebstoffmenge, erhöht bei dem zu verwendenden Kontaktkleber die Klebkraft und hilft beim Aufkleben der Feder deren beabsichtigte Linienführung zu bewahren.

Vor der weiteren Verwendung der Feder muß der Kleber zunächst Ablüften, bis er „berührtrocken“ durchgetrocknet ist.
Damit wird der Zustand bezeichnet, dass sich auf der Oberfläche des Klebers ein dünnes Häutchen gebildet hat, sodass bei leichter Berührung mit einem Finger kein Kleber mehr an diesem haften bleibt, bei festerer Berührung das Häutchen jedoch aufreißt und ein Kleberaustritt erfolgt.
Dieser Zustand läßt sich in etwa mit der Konsistenz von Sirup vergleichen, der einige Zeit der Luft ausgesetzt worden ist.

Hintergrund dessen ist, dass einerseits der Klebstoff bei nicht genügender Durchtrocknung von der Klebstelle fließen und nicht die erwünschte, schnelle Klebwirkung entfalten wird. Liegt andererseits eine zu starke Durchtrockung vor, kommt es zu keiner oder nicht ausreichender Klebwirkung.

Auch ist das Maß der notwendigen Durchtrocknung des Klebers im „berührtrockenen Zustand“ vom Material des Schaftes abhängig.

Bei Schäften aus saugenden Materialien wie Holz muß der Kleber weniger durchgetrocknet sein, als bei nicht durchlässigen Stoffen, wie etwa Aluminium.

Die Zeit, bis der Zustand ausreichender Durchtrocknung erreicht ist, hängt zudem von den umgebenden Umständen (Temperatur, Belüftung) etc. ab.

Es ist somit erforderlich, den geeigneten Zeitpunkt zum Aufkleben festzustellen: Bei zu langem Ablüften tritt keine oder nicht mehr genügend; bei zu kurzem Ablüften tritt noch keine Klebwirkung ein und der Kleber wird oft beiseite gequetscht.
Dieses ist Erfahrungssache, wird mit einiger Übung jedoch unproblematisch sein.

Feder vorläufig auf dem Schaft positionieren

Die Befiederung selbst sollte mit der Leitfeder beginnen.

Nach ausreichender Durchtrocknung des aufgetragenen Klebers wird diese Feder mit ihrem hinteren Ende auf der entsprechenden Markierung des hinteren Befiederungsbeginns locker auf den Schaft gelegt und dort nur sehr leicht angedrückt, indem die Grannen zwischen Daumen und Zeigefinger gelegt und an ihnen senkrecht nach unten herab leicht auf den Federkiel und den Schaft gedrückt wird.

Dieses ist entlang des auf dem Schaft vormarkierten Federverlaufes im Abstand von circa einer halben Fingerbreite auf der gesamten Federlänge zu wiederholen.

Jenes dient dazu, den Federverlauf vorläufig festzulegen, die häufig von einem geraden Verlauf abweichenden, da gewundenen Federn auszurichten und den nachfolgenden Schritt zu erleichtern.

Daher sollte zu diesem Zeitpunkt auch nur mit leichtem Druck gearbeitet werden, um etwaige, grobe Abweichungen vom erwünschten Federverlauf noch korrigieren zu können. Dieses ist nicht, oder nur noch schwer möglich, wenn die kontaktbedingte Klebwirkung durch zu starken Druck bereits eingesetzt hat.

Nach diesem Schritt lassen sich häufig schon per Augenmaß etwaige Abweichungen der positionierten Feder vom erwünschten Verlauf feststellen und durch Verschiebung des Federkieles auf dem Schaft korrigieren.

Endgültiges Fixieren der Feder auf dem Schaft

Im Anschluß an das vorläufige Positionieren erfolgt das endgültige Fixieren und Ausrichten der Feder (Die nachfolgende Vorgehensweise gilt für rechtsgewundene Federn. Für Linksgewundene ist in umgekehrter Weise zu verfahren.):

Dazu wird der Daumen der rechten Hand mit seiner Kuppe am nockseitigen Federende rechts von der Feder an den Grannen positioniert, wobei die Nagelseite des Daumens die Grannen berührt.

Wenn man sich dahingehend zu unsicher fühlt, können natürlich auch ein oder zwei andere Finger der rechten Hand benutzt werden. Von diesen wird dann die Unterseite der Fingerkuppe an die Grannen gelegt, eine Seite der Fingerkuppe berührt den Schaft.

Der Daumen – oder je nach Geschicklichkeit ein anderer Finger - der linken Hand wird auf der gegenüberliegenden Seite der Grannen, also links von der Feder, mit dem Fingernagel auf den dort noch geringfügig überstehenden Federkiel gesetzt.

Der Daumen bzw. die Finger der rechten Hand haben die Funktion, die vorpositionierte Richtung der Feder zu halten. Der Finger der linken Hand soll den für die Fixierung notwendigen Druck nach unten auf den mit Kleber versehenen Kiel der Feder ausüben. Dadurch wird die Feder letztlich sowohl auf der vorgesehenen Position verbleiben, als auch in sich ausgerichtet und fixiert werden. Die Feder wird sich dadurch „selbst“ in die gewünschte Position ziehen.

Nunmehr sind der Daumen bzw. die Finger der rechten und linken Hand synchron in Richtung des spitzenseitigen Endes der Feder zu bewegen bzw. zu schieben.

Dabei ist Folgendes zu beachten:
Der Daumen bzw. die Finger der rechten Hand geben der Feder dabei Halt und Führung. Es wird ein die Position der Feder sichernder Druck auf den Schaft und leicht nach links an die Grannen ausgeübt.

Die Stärke dieses an die linksliegenden Grannen auszuübenden Drucks richtet sich danach, wie ein solcher eventuell von dem dort befindlichen Finger bzw. Daumen der linken Hand ausgeht, so dass sich die Kräfte hinsichtlich des Verlaufs der Feder aufheben und es somit zu keiner Verschiebung der Feder auf dem Schaft kommt.

Der Finger der linken Hand drückt mit dem Fingernagel senkrecht nach unten auf den Federkiel und leicht in Richtung des spitzenseitigen Endes der Feder sowie leicht nach rechts an die Grannen.

Der Druck nach rechts sollte nur minimal sein, da Ziel nicht ist, die Grannen zu verwinden oder die Position des Federkieles zu verändern, sondern nur einen leichten Kontakt zu dem gegenüberliegenden Daumen bzw. Finger der rechten Hand herzustellen, da die dadurch entstehende „Geschlossenheit“ zwischen den Fingern das Gefühl einer sichereren Arbeit vermittelt.

Das Schieben der um die Feder positionierten Finger sollte die ersten beiden Male nur mit leichtem Druck des linken Fingers bzw. Fingernagels auf den Federkiel erfolgen, um im Zuge dessen etwaige Abweichungen im Federverlauf noch korrigieren zu können.

Darauf sollte der Vorgang zehn bis fünfzehn Mal mit starkem Druck auf den Federkiel wiederholt werden. Dabei etwaig entstehende Wärme wirkt sich fördernd auf den Verklebungsvorgang aus.

In der Regel werden bei dieser Verfahrensweise überschüssige Kleberreste beiderseits des Federkieles hervorgepresst und rollen sich dort meist kügelchenartig zusammen, so dass sie später leicht entfernt werden können.

Es ist bei dem erwähnten Schieben unbedingt darauf zu achten, dass es „in einem Zug“ - also ohne Unterbrechungen - vom nockseitigen, bis zum spitzenseitigen Federende erfolgt. Unterbrechungen, inklusive Neuansätze auf dem Federkiel führen meist zu Verschiebungen der Feder auf dem Schaft, daraus resultierenden Abweichungen vom begehrten Verlauf und zudem unterschiedlicher Klebewirkung.

Weiterhin ist nochmals zu erwähnen, dass bei diesem Vorgang eine Fixierung des Schaftes - zum Beispiel in einem Schraubstock oder auf andere Art und Weise - insbesondere für Anfänger ungemein hilfreich ist.

Der gesamte Vorgang erfordert etwas Übung und sollte gegebenenfalls mit Ausschussmaterial geübt werden, bevor man sich dem Befiedern der eigentlich avisierten Schäfte zuwendet und im Zuge dessen unnötig Fehlschäge erleidet.

Video zum Positionieren und Fixieren der Feder auf dem Schaft
Verklebung kontrollieren

Unmittelbar im Anschluss an das Aufkleben bzw. Fixieren der Feder ist zu überprüfen, ob die Verklebung auf der gesamten Länge der Feder gegriffen hat.

Dazu hält man den befiederten Schaft gegen eine Lichtquelle:
Zwischen Federkiel und Schaft darf dann keinerlei Zwischenraum oder nur ein transparent gefüllter, schimmernder Spalt festzustellen sein.

Verklebung kontrollieren - lückenfreie Verklebung

Werden Lücken oder „Löcher“ sichtbar,

Verklebung kontrollieren - Lücke in der Verklebung

so können kleinere derselben dadurch beseitigt werden, dass man beidseitig der Feder bzw. des Kieles unter Zuhilfenahme einer Nadel oder eines anderen feinen, spitzen Gegenstandes etwas Kleber an die betroffene Stelle träufelt und unter den Federkiel zu schieben sucht, diesen wiederum antrocknen lässt und nach Antrocknen an dieser Stelle mittels Fingernagel wieder Druck auf den Federkiel auszuüben sucht, auf dass die Verklebung nach gut ein bis zwei Minuten Druckausübung griffe und die löchrige Stelle verschließe.

Gelingt dieses nicht oder ist die Fehlstelle zu groß – so dass etwa beim Ankleben eine Abweichung vom erwünschten Federverlauf entstehen würde - bleibt nichts anderes, als die Feder vorsichtig wieder vom Schaft zu lösen, Kleberreste von Kiel und Schaft zu entfernen und den Vorgang noch einmal von neuem zu beginnen.

Abschlussarbeiten

Letztlich sollte etwaig unter dem Federkiel ausgetretener Kleber im noch feuchten Zustand vom Schaft entfernt werden. Ist dieser erst einmal ausgehärtet, ist jenes nur noch schwer möglich und ergibt zudem optisch ein unschönes Bild.

Nach Abschluss der Befiederung sollte der Schaft ungeachtet anderslautender Angaben der Hersteller des Klebers einen vollen Tag ruhen gelassen werden, um die Verklebung vollständig durchtrocknen zu lassen. Die Klebeverbindung zieht erfahrungsgemäß erst in dieser Zeit vollständig fest an.