Nach der hier vertretenen Philosophie ist die Auszugsbewegung, ganz gleich, in welcher Variante sie praktiziert wird, keine eines horizontalen bzw. linearen Drückens und Ziehens (sogenannte „Push and Pull-Methode“) oder bloßen Ziehens, sondern einer Rotationsbewegung, welche um die Wirbelsäule als gedachte Achse herum verläuft.

Diese Bevorzugung einer Rotationsbewegung beruht auf der Überlegung, dass "kreisförmige Bewegungen" natürlicher sind, sich einfacher ausführen lassen und mehr Kraft gerieren, als gerade.

Dieses Prinzip spiegelt sich in vielen modernen Sportarten sowie der Mehrzahl asiatischer Kampfkünste wieder (Als Beipiele können hier etwa Kugelstoßen, Hammer-, Diskus- und Speerwerfen, Judo, Aikdio, Ba Gua Zhang, Tajiquan, Kashima Shin Ryu u. a. herangezogen werden).

Die „Hauptantriebselemente“ eines dergestalt erfolgenden Auszuges sind Teile der hinteren, zum Rücken gelagerten (dorsalen) Gruppe der Schultermuskulatur sowie dort (dorsal) gelagerte Teile der sekundären Rückenmuskulatur:

Musculus teres minor und major (kleiner und großer runder Armmuskel); musculus infraspinatus (Untergrätenmuskel); pars spinosum des musculus deltaloideus (Anteil des Deltamuskel); Anteile des musculus supraspinatus (Obergrätenmuskel); latissimus dorsi (großer Rückenmuskel) sowie Bestadteile der Schulterblattfixatoren (musculus rhomboideus (rautenförmiger Muskel); musculus serratus anterior (vorderer Sägemuskel), musculus trapezius (Trapezmuskel (mehrheitlich unterer Anteil)).

Von diesen sind der Trapezmuskel sowie der rautenförmige Muskel in den Auszugsvorgang am stärksten involviert, da durch sie hauptsächlich das Heranziehen (Trapezmuskel) des Zugarmes bzw. das Zusammenziehen (rautenförmiger Muskel) der Schulterblätter bewirkt wird.

Rückenmuskulatur im anatomischen Sinne ist bei diesem Vorgang in nur untergeordnetem Umfang beteiligt.

Folgende Abbildung gibt die ungefähre Lage der involvierten Muskelgruppen des Auszugsvorganges im Vollauszug wieder (Eine vollständige Darstellung ist aufgrund der teilweisen, gegenseitigen Überlagerung nicht möglich).

Illustration der am Auszug hauptsächlich beteiligten Muskelgruppen

Der Auszugsvorgang und dessen Antrieb lassen sich am besten am Beispiel des Pleuel- oder Stangenantriebes einer Dampflokomotive verdeutlichen:

Dabei wird eine über einen Kolben erzeugte, lineare Hin-und Her-Bewegung einer sogenannten Treibstange in eine kreisförmige Bewegung einer als Kurbelwelle ausgebildete Radsatzwelle bzw. eines Treibrades umgesetzt (linear-oszillierende Axialbewegung).

Bewegungsumwandlung beim Stangenantrieb einer Dampflokomotive
Bewegungsumwandlung beim Stangenantrieb einer Dampflokomotive

Im hiesigen Kontext wird dieser Vorgang andersherum betrachtet:

Während das an einer Kurbelwelle bzw. Treibrad befestigte Ende einer Pleuel-/Treibstange rotiert, versetzt dieses den mit der Pleuel-/Treibstange am anderen Ende verbundenen Kolben in eine lineare Bewegung.

Die Kurbelwelle / das Treibrad nebst deren Drehpunkt wird von der Wirbelsäule gebildet. Die Pleuel-/Treibstange ist die mit ihr verbundene Zugarmschulter, der Kolben sind Zugarm, -ellenbogen, -hand und der jenen anhängende Pfeil.

Die Kraft für die Rotationsbewegung der Kurbelwelle/des Treibrades wird durch die benannten Muskelgruppen generiert, welche die Zugarmschulter in Richtung um die Wirbelsäule herum rotieren lassen wollen.

Resultat dieser Rotationsbewegung ist, dass sich der Zugarm, Zugellenbogen, Zughand, Zughandgelenk und Pfeil linear zum Schützen hin mit der Tendenz zur weiteren Fortsetzung dieser Bewegung um den Schützen herumbewegen. Insbesondere Letzteres bleibt bis zum Abschluss des Prozesses erhalten.

Nachstehende Videos sollen diese Rotationsbewegung des Auszuges im Kontext des chinesischen Bogenschießens verdeutlichen.

Videos zur Rotationsbewegung des Auszuges beim chinesischen Bogenschießen

Folgerichtig gerieren Zughand, Zughandgelenk, Zugarm, Zugellenbogen und sämtliche jenen anhängenden Muskelgruppen keinerlei Kraft oder aktive Zug- oder Druckbewegung. Sie sind sind am Zugvorgang nicht oder nur als Anhängsel der erwähnten Antriebsmuskulatur beteiligt.

Insbesondere werden weder die Muskulatur des Zugarmes, noch der Zughand bewußt angespannt – es liegt eine Aktivspannung Null vor.

Auch werden diese in keiner Weise aktiv zum Körper, zum Gesicht des Schützen, von diesem hinweg oder in eine sonstige Richtung gezogen. Sie folgen lediglich der Bewegung der o. g. Muskelgruppen.

Man könnte auch formulieren, dass Zughand, -handgelenk und –arm nur Aufleger eines Sattelschleppers sind, die mit der Zugmaschine in Gestalt der Muskulatur der Zugschulter verbunden sind und deren Bewegung folgen müssen ("Sattelschlepperprincip"):

Allein sind sie zu einer Bewegung nicht in der Lage bzw. nicht kräftig genug, sie sind auf den Antrieb der Zugmaschine als Ursache angewiesen, folgen dieser nur (Illustration dieses Princips im folgenden Bild am Modell).

"Sattelschlepperprincip" - Antrieb der Zugmaschine als Ursache für Bewegung des Auflegers

Lediglich im Handgelenk der Zughand und zwischen dessen ringbewehrten Daumen und eingerolltem Mittelfinger finden sich geringe Spannungsmomente um zum einen ein "Auseinanderziehen" des Handgelenkes beim Auszug zu verhindern und zum anderen eine Verriegelung des Sehenenhaltemechanismus durch den Daumenring, jedoch nur soweit als gerade nötig, zu realisieren.

Ungeachtet dessen sind die oberwähnten Muskelgruppen nicht um ihrer selbst willen zu betrachten, sondern um ihres Zwecks:

Entgegen der vielbemühten Floskel von der beim Auszug etc. notwendigen „Rückenspannung“ existiert eine solche nach den voranstehenden Ausführungen weder im anatomischen, noch im faktischen Sinne.

Vielmehr liegt eine fortgesetzte Kontraktion und daraus folgende Bewegung bestimmter Gruppen der Schultermuskulatur zum Zweck eines kreisförmigen Auszuges vor.

Jegliche andere Betrachtung, insbesondere der Versuch, eine "(Rücken-) Spannung" oder ein "Zusammenziehen der Schulterblätter" um der Spannung oder derer selbst willen aufzubauen, führt im Processablauf zu einer sinnfreien Verspannung und Verkrampfung, welche diesen letztlich stört und schließlich den Schuß misslingen lässt.